Sie sind hier: Startseite Publikationen Freiburger Bodenkundliche … Zusammenfassung Heft 33

Zusammenfassung Heft 33

 

Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen

Schriftenreihe des

Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Schriftleitung: F. Hädrich


Heft 33


Peter Trüby

Zum Schwermetallhaushalt von Waldbäumen


Freiburg im Breisgau 1994

ISSN 0344-2691

Zusammenfassung:

Ziel und Methodischer Ansatz
Ziel der Untersuchung war, anhand detailliert erfaßter Schwermetallverteilungen Pfade der Aufnahme und des internen Transports zu erkennen. Daraus sollten Gesetzmäßigkeiten der Verteilung abgeleitet werden. Weiterhin war zu prüfen, ob die Schwermetallverteilung im Stammholz zur Rekonstruktion der Immissionsgeschichte eines Standorts herangezogen werden kann.
Zustandserhebungen an Bäumen unterschiedlich belasteter Standorte sollten Aufschluß geben über mögliche Dosis-Wirkungsbeziehungen zwischen der Schwermetallbelastung und dem Gesundheitszustand bzw. der Vitalität der Bäume.
Der methodische Ansatz basiert auf dem Vergleich von pedogen/geogen mit atmogen belasteten Bäumen. Die Annahme war, daß sich je nach Art der Belastung charakteristische Verteilungstypen ergeben, anhand derer Aufnahme- und Transportprozesse rekonstruiert werden können.
Um möglichst deutliche Effekte zu erhalten, wurden vorwiegend Bäume belasteter Standorte ausgewählt. Die Schwermetalldepositionsraten bzw. -gesamtgehalte der Substrate waren hier um Größenordnungen höher als auf normalen Waldstandorten.
Um die Aufnahme atmogen akkumulierter Schwermetalle aus dem Boden weitgehend auszuschließen, wurden Bäume auf carbonathaltigen Böden ausgewählt. Entsprechende Varianten auf carbonatfreien sauren Substraten dienten als Kontrolle.
Die Untersuchung konzentriert sich auf Fichte, Douglasie, Tanne, Kiefer, Eiche und Buche verschiedenen Alters. Analysiert wurden P, K, Mg, Ca, Mn, Cu, Zn, Cd, Pb, in Einzelfällen auch Ni, Cr, As und Sb.

Material und Methoden
Die Untersuchungen konzentrieren sich auf Standorte im Südschwarzwald und im  schwermetallbelasteten Raum Stolberg (Rhld).
Im   Südschwarzwald  wurden Baumpaare auf kontaminierten  Erzabraumhalden und  Gneis-Braunerden  mit geringem Schwermetallgehalt ausgewählt. Die Substrate der Halden  enthalten  bis zu 3.520 µg/ g TS Zn, 12 µ g/g TS Cd, 14.980 ng/g TS Pb, 4.490 µ g/g TS   As  und 14.900 µ g/g TS Sb. Die atmogene Deposition ist hier gering und für alle  Varianten  annähernd gleich.
Im Raum Stolberg ist die atmogene Deposition gegenüber normal belasteten Regionen um das 10- bis 100-fache erhöht. Die Cu-, Zn- und Pb-Gehalte der Oberböden bewegen sich dadurch zwischen ca. 1.000 und 12.000 µg/g TS. Hinzu kommt z.T. eine geogene Vorbelastung der Substrate. Die Spitzenwerte betragen dann: Zn 73.000 µ g/g TS; Cd 201 µ g/g TS; Pb 20.700 µ g/g TS.
Bestimmt wurden die Elementverteilungen in Wurzel-, Stamm- und Astkompartimenten sowie in  den Nadeln/Blättern. Die Analyse des Holzes erfolgte jahrringweise, die der Rinde  nach Fraktionierung in Peridermzone, Speicher- und Leitbast.
Elementvorräte und -Umsätze wurden beispielhaft für Fichte ermittelt. Grundlage dafür waren kompartimentweise bestimmte Elementgehalte und gemessene bzw. berechnete Biomassenvorräte. Die Berechnung der Biomassenvorräte und -Umsätze erfolgte für verschieden alte Fichten anhand eines eigens entwickelten Simulationsmodells.
Zur kontaminationsfreien Präparation der Holz- und Rindenproben wurden ausschließlich Spezialwerkzeuge aus Titan oder mit Titan-Nitrid-Beschichtung eingesetzt, die z.T. einzeln angefertigt wurden.
Die ausreichend präzise Bestimmung von Schwermetallen in den sehr unterschiedlichen Probenmatrices erforderte den Einsatz speziell adaptierter Analysengänge. Die Präzision der Analysen konnte durch Optimierung der Aufschlußtechniken wesentlich gesteigert werden. Der auf den gesamten Analysengang bezogene mittlere Fehler der Schwermetallanalyse ist stets <10%, meist sogar <5%.
Zur   Charakterisierung pflanzenverfügbarer Schwermetalle im Boden wurde ein   Extraktionsverfahren mit Ionenaustauscherharz entwickelt. Erfaßt werden wasserlösliche,   austauschbare und ein Anteil säurelöslicher Schwermetalle, der durch Konditionierung des Austauscherharzes variiert werden kann. Dies ermöglicht, Aciditätsänderungen in der Rhizosphäre zu  simulieren und mobilisierbare Reserven zu erfassen.

Schwermetallverteilungen

Das Niveau der Schwermetallgehalte einzelner Baumkompartimente ist stets geprägt von  der Verfügbarkeit  im Boden. Dies gilt selbst für Pb, das bekanntermaßen vorwiegend  äußerlich angereichert wird. Die wesentlichen Anteile der im Baum enthaltenen Schwermetalle  stammen  daher aus dem Boden. Hinweise auf eine mengenmäßig  bedeutsame Schwermetallaufnahme über die Assimilationsorgane oder die Rinde ergaben sich nicht.

Nadeln/Blätter
Die Elementverteilungen sind maßgeblich beeinflußt vom Versorgungsgrad und von der Mineralstoffkomposition insgesamt. Die Gehalte hängen ab vom Alter und z.T. auch von der Position in der Krone. Die Schwermetalle - ausgenommen Cu - neigen zur  altersabhängigen Akkumulation. Dementsprechend lassen sich 3 Verteilungstypen unterscheiden.
Typ    I:   Die  Verteilung  ist  geprägt durch die altersabhängige  Akkumulation.   Die  Gehalte steigen mit dem Nadelalter an. Leitelement Ca.
Typ II: Die Gehalte nehmen mit steigendem Alter der Nadeln ab. Die Retranslokation aus dem alternden Gewebe und die bedarfsorientierte Redistribution sind die dominierenden Prozesse.   Leitelement P.
Typ III:   Die Verteilung entspricht einer Maximumkurve. Die Gehalte älterer Nadeln  nehmen durch Auswaschung ab. Leitelement Mn.

Astkompartimente
Die Elementverteilung in der Zweig-Astrinde erfolgt nach denselben Prinzipien wie bei den Nadeln.   Redistribution, altersabhängige Akkumulation und Auswaschung sind auch hier die verteilungsprägenden   Prozesse.   Gleichgerichtete vertikale Gehaltsgradienten  treten  in  der Krone  selten auf. Auch die axialen Gradienten sind uneinheitlich. Die Gehalte der zur  Akkumulation   neigenden Elemente nehmen zum Kronenansatz hin eher zu. Sie nehmen ab  bei Elementen, die der Redistribution oder der Auswaschung unterliegen. Für die Verteilung im Zweig-/Astholz sind 2 Typen charakteristisch. Beim Pb steigen die Gehalte zum Stamm hin an, bei allen anderen Elementen nehmen sie ab.

Stamm
Die Elementgehalte der Stammrinde sind - ausgenommen Pb - stets höher als im Stammholz. In der Peridermzone sind die Gehalte meist niedriger als im Bast. Dies ist bedingt durch Redistribution und/oder Auswaschung.
Die axiale Verteilung ist heterogen. Bei Ca und Pb indizieren die zum Stammfuß abnehmenden Gehalte eine altersabhängige Akkumulation. P, K, Cu, Zn und Cd werden verstärkt im Wipfelbereich angereichert.
Die radiale Elementverteilung im Stammholz ist individuell differenziert. Eine Abhängigkeit besteht vom anatomischen Bau. Dementsprechend weichen die Verteilungsmuster der Koniferenarten meist von denen der Eiche und der Buche ab. Insgesamt können 4 charakteristische Typen unterschieden werden.
Typ  I,1:   Die  Gehalte sind im Kern und Splint konstant niedrig. Sie steigen in  der Kambialzone steil an. Leitelement P.
Typ  I,2:   Die  Verteilung  ist  ähnlich Typ 1,1. Die Gehalte steigen jedoch  bereits an der Grenze zum Splint auf ein konstantes Niveau an. Der Anstieg zum Maximalgehalt folgt in der Kambialzone. Leitelement K.
Typ    II:   Die  Gehalte  folgen  einer Maximumkurve. Das Maximum liegt  an  der  Grenze zwischen Kern und Splint. Leitelement Pb.
Typ  III:   Die Gehalte nehmen vom Mark zum Kambium hyperbolisch ab. Leitelement Ca.

Wurzeln
Die Elementverteilungen in den Wurzeln sind heterogen. Die Verteilungsmuster sind weder element- noch baumartspezifisch. Sie sind durch das Substrat insbesondere die Bodenacidität maßgeblich beeinflußt. Eine schwach alkalische Bodenreaktion begünstigt die Anreicherung im Gewebe der Peridermzone. Die Gehalte der Feinwurzeln sind meist wesentlich höher als die Gehalte der Wurzelrinde. Schwermetalle werden hier bevorzugt akkumuliert. Dabei kann die stets vorhandene Mykorrhizierung eine wesentliche Rolle spielen. Die Verteilung in der Wurzelrinde ist durch 3 Typen zu charakterisieren, zwischen denen fließende Übergänge bestehen.
Typ I: Die Gehalte im Gewebe der Peridermzone sind höher als im Bast. Die Feinwurzeln haben wesentlich höhere Gehalte als der Wurzelbast. Dies wird als Diskriminierungsreaktion interpretiert. Dieser Typ findet sich vorwiegend bei Schwermetallen und den Nährelementen, die im Überschuß angeboten werden.
Typ II: In der Peridermzone sind die Gehalte niedriger als im Bast und die Gehalte der Feinwurzeln bewegen sich auf ähnlichem Niveau wie im Wurzelbast. Dieser Typ kommt vor bei K und P. Beide Elemente werden vermutlich selektiv aufgenommen.
Typ III: Übergangstyp zwischen Typ I und II. Das Auftreten dieser Verteilung hängt ab vom Versorgungsgrad. Er kommt vor allem bei Ca und Mg oder bei schwachem Angebot an Mn, Zn und Cd vor.

Schlußfolgerungen aus den Elementverteilungen
Die Prozesse der internen Elementverteilung und -akkumulation sind weder element- noch baumartspezifisch. Systematische, auf den unterschiedlichen anatomischen Aufbau zurückzuführende Unterschiede bestehen bei der Verteilung im Stammholz. Dies führt zu prinzipiellen Unterschieden zwischen Koniferen- und Laubbaumarten.
Die meist individuell differenzierten Verteilungsmuster sind maßgeblich geprägt durch die Elementverfügbarkeit im Boden und die Mineralstoffkomposition in der organischen Substanz. Die Verteilung in der Krone wird durch den Transpirationsstrom und deren räumliche differenzierte Intensität vorbestimmt. Ein physiologisch kontrollierter Transport spielt bei den phloemmobilen Nährelementen - P, K - eine wesentliche Rolle. Bei den Schwermetllen erfolgt ein aktiver Transport offenbar nur über kurze Distanzen.
Wegen der individuell differenzierten Verteilungsmuster im Holz ist es nicht möglich, die radiale Verteilung im Stammholz zur Rekonstruktion der Immissionsgeschichte eines Standortes zu verwenden. Dies gilt insbesondere für die Schwermetalle.
Die Elementverteilungen geogen/pedogen und atmogen kontaminierter Bäume belegen, daß die Aufnahme primär über die Wurzeln erfolgt. Es ergaben sich keine Hinweise auf eine Aufnahme über die Rinde oder die Assimilationsorgane.

Schwermetallvorräte in Fichten

Schon ab dem Alter 30 stellt das Holz mit mehr als 80% des Gesamtvorrates den Hauptteil der Biomasse eines Baumes. Der Rest entfällt zu etwa gleichen Anteilen auf Rinde und Nadeln.
Annähernd 3/4 der Gesamtmenge an Pb und Cd sind im Stammholz, ca. 1/4 in der Rinde gespeichert. Die Vorräte in den Nadeln betragen i.a. weniger als 5%. Bei Cu und Zn sind die im Holz gespeicherten Vorräte wesentlich geringer. Hier erfolgt eine verstärkte Anreicherung in der Rinde. Bei Pb beträgt der berechnete atmogen deponierte Anteil weniger als 1/4 des Gesamtvorrates; 3/4 des enthaltenen Bleis sind daher aus dem Boden aufgenommen worden. Das enthaltene Cd und Zn stammt offenbar ausschließlich aus dem Boden. Für Cu ist eine entsprechende Abschätzung bodenbürtiger Anteile nicht möglich. Der Umsatz über den Streufall ist je nach Element eine wesentliche Komponente im Schwermetallhaushalt der Bäume. Bei Zn beträgt er etwa ein Drittel, bei Cd etwa ein Fünftel des Gesamtvorrates eines 120-jährigen Modellbaumes. Das äußerlich anhaftende Pb unterliegt dagegen einem passiven Umsatz, der an den Biomassenumsatz gekoppelt ist. Es handelt sich dabei fast ausschließlich um atmogen eingetragenes Pb. Mengenmäßig entspricht dies etwa ein Drittel des Gesamtvorrates im Baum.
Bei Zn und Cd werden vermutlich beträchtliche Mengen vor allem aus der Rinde ausgewaschen. Die berechneten Mengen betragen bei Cd etwa ein Fünftel, bei Zn etwa ein Drittel des entsprechenden Umsatzes über die Streu.
Eine wesentliche Komponente im Schwermetallhaushalt eines Waldökosystems ist der Entzug durch die Nutzung. Je nach Element werden dem System durch eine konventionelle Endnutzung 50% bis 80% der in der Baum-Biomasse des Bestandes gespeicherten Menge entzogen. Der Entzug aus dem Ökosystem ist jedoch- stets geringer als der Gesamteintrag durch die atmogene Deposition.

Mykorrhizierung schwermetallbelasteter Bäume

Trotz extrem hoher Schwermetallgehalte im Boden waren die Wurzeln aller untersuchten Bäume mykorrhiziert. Die Artenzahlen der Pilze waren allerdings vergleichsweise niedrig. Selbst auf den Galmeistandorten kamen vitale Mykorrhizen vor. Eine nachhaltige Schädigung des Mykorrhizabesatzes durch toxische Schwermetalle erfolgt demnach nicht.
Zur toxischen Wirkung von Schwermetallen
Auch bei extremer atmogener und pedogener Belastung wurden keine schwermetallspezifischen Schäden festgestellt. Fichte, Douglasie, Kiefer, Tanne, Eiche und Buche können auch bei langfristig wirksamer, hoher Schwermetallbelastung symptomfrei gedeihen und normales Wachstum entwickeln. Die Toxizitätsgrenze wurde bei keinem der hier untersuchten Standorte erreicht. Eine Beteiligung der Schwermetalle an den "neuartigen" Waldschäden der meist nur gering belasteten Mittelgebirgsstandorte ist deshalb auszuschließen.