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Zusammenfassung Heft 25

 

Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen

Schriftenreihe des

Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Schriftleitung: F. Hädrich


Heft 25


Gerhard Brahmer

Wasser- und Stoffbilanzen bewaldeter Einzugsgebiete im Schwarzwald
unter besonderer Berücksichtigung naturräumlicher Ausstattungen und atmogener Einträge



Freiburg im Breisgau 1990

ISSN 0344-2691


Zusammenfassung:

In den ARINUS-Versuchsgebieten im Schwarzwald (SCHLUCHSEE, VILLINGEN) wurden in jeweils drei benachbarten Wassereinzugsgebieten die Wasser- und Stoffflüsse im Zeitraum Juni 1987 bis Mai 1989 gemessen. Zielsetzung war, den Anteil einzugsgebietsinterner Umsetzungen, insbesondere in der Pedosphäre, gegenüber atmogenen Stoffeinträgen in ihrer Bedeutung für den Stoffaustrag und die Chemodynamik im Grund- und Oberflächengewässer zu bestimmen.

Dazu wurden Meßflächen zur Erfassung des Freilandniederschlages, der Freilanddeposition und meteorologischer Parameter eingerichtet. In allen Einzugsgebieten wurden Meßflächen zur Bestimmung des Bestandesniederschlages, zur Gewinnung von Bodensickerwasser, zur Registrierung der Bodenfeuchte und jeweils ein THOMSON-Meßwehr zur Erfassung des Gebietsabflusses angelegt. In VILLINGEN ermöglichten Brunnenfassungen direkte Beprobungen des Grundwassers. Bodenchemische und -physikalische Parameter wurden nach einer Feinkartierung der Bodenformen an repräsentativen Bodenprofilen erhoben.

In wöchentlichem Abstand (bei starker Änderung der Wasserführung in den Bächen dort auch häufiger) wurden Wasserproben in den verschiedenen Meßebenen entnommen und die Konzentrationen von NH4+, Na+, K+, Ca2+, Mg2+, AI, Fe, Mn, Si, SO4-2, NO3-1 und Cl-1  bestimmt. Weiterhin wurde in den Proben die Temperatur, pH-Wert, m-Wert, p-Wert, UV-Extinktion, Färbung und die spezifische elektrische Leitfähigkeit gemessen.

Zur Erstellung von jährlichen Gebietswasserbilanzen wurden Niederschlag, Abfluß und die nach verschiedenen Berechnungsmethoden ermittelte potentielle Evapotranspiration gegenübergestellt und die Restglieder der Wasserbilanzen mit der Änderung der Bodenfeuchte verglichen. Während die Abweichung der Differenz aus klimatischer Wasserbilanz und Abfluß in VILLINGEN weniger als 4 % der Niederschlagsmenge ausmacht, deuten negative Differenzen in Höhe von 10 % des Niederschlages auf eine Unterschätzung des gefallenen Niederschlages in SCHLUCHSEE vor allem im schneereichen Winter des ersten Messjahres hin.

Zur Auftrennung des Gebietsabflusses in den direkten Interflow und den indirekten, grundwasserbürtigen Abfluß wurde eine hydrochemische Ganglinienseparation durchgeführt. Dabei diente die Na+-Konzentration im Bachwasser aufgrund der geogenen Na+-Freisetzung aus der Verwitterung und dem deutlichen Konzentrationsunterschied zum Niederschlags- oder Bodensickerwasser als Indikator für grundwasserbürtigen Abfluß. Nach diesem Modell beträgt der indirekte Abflußanteil in SCHLUCHSEE 50 bis 60 % des Gesamtabflußes, während in VILLINGEN nur rund 30 % des Abflußes dem indirekten Abfluß zuzuschreiben sind. Dies erklärt sich aus den bodenphysikalischen Unterschieden der beiden Standorte. Vor allem die Stauhorizonte im Unterboden in VILLINGEN führen dort zu überwiegend lateralem Wassertransport im Oberboden und zu dem für bewaldete Einzugsgebiete auffallend hohen Direktabflußanteil.

Die Stoffeinträge mit dem Freilandniederschlag sind im Vergleich mit anderen Waldgebieten in Mitteleuropa gering und entstammen dem Ferntransport, da lokale Emissionen in den Untersuchungsgebieten unbedeutend sind. Aus der statistischen Analyse der Stoffkonzentrationen im Freilandniederschlag konnten "Mineralstäube", "Meersalz" und "Emission von Säurebildnern" als Einflußfaktoren auf das Zustandekommen der Niederschlagsqualität abgeleitet werden. Aus dem Unterschied zwischen Freilandniederschlag und Bestandesniederschlag wurden die für diese stoffliche Veränderung verantwortlichen Faktoren "Säureinterzeption", "Nadelauswaschung", "Meersalz" und "Stäube" abgeleitet und quantifiziert. Mit diesen Ergebnissen wurde ein Modell zur Trennung der trockenen Deposition von der Nadelauswaschung modifiziert und auf die Untersuchungsgebiete angewendet. Demnach ist der atmogene Stoffeintrag vorwiegend der Niederschlagsdeposition zuzuschreiben, während die trockene Deposition an den Untersuchungsstandorten entsprechend den geringen Schadstoffkonzentrationen der Luft im Untersuchungszeitraum nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die atmogenen Gesamteinträge stimmen in den jeweils drei Paralleleinzugsgebieten sehr gut überein und weisen auch zwischen den beiden Versuchsgebieten nur geringe Unterschiede auf.

Im Gewässerchemismus der beiden Untersuchungsgebiete zeigen sich deutliche Unterschiede. Die chemische Zusammensetzung der Bäche wird vor allem von den Fließwegen des Wassers im Einzugsgebiet bestimmt. Entsprechend den zur Einstellung von Gleichgewichtsbeziehungen zur Verfügung stehenden Zeit und der chemischen Eigenschaften des durchflossenen Substrats ergeben sich unterschiedlich ausgeprägte Wechselwirkungen zwischen Wasser- und Festphase. Hohe direkte Abflußanteile fließen in VILLINGEN lateral im sauren Oberboden bzw. Auflagehumus dem Vorfluter zu. In SCHLUCHSEE dominiert aufgrund der hohen Wasserleitfähigkeiten der vertikale Wassertransport. Der Anteil des länger mit dem Gestein in Kontakt befindlichen Grundwassers am Gesamtabfluß prägt dann die chemische Zusammensetzung des Vorfluters in SCHLUCHSEE. Direkte Auswirkungen der aktuellen atmogenen Deposition werden durch standortsspezifische Ausstattungen und Prozesse überprägt.

Nach einer Abschätzung der jährlichen Elementfestlegungsraten in der Bestandesmasse werden die Stoffflüsse im Freilandniederschlag, im Bestandesniederschlag, die Gesamtdeposition, die Festlegung in der Bestandesmasse, der Gebietsaustrag, der Netto-Gebietsexport und die Netto-Mobilisation von Stoffen im Einzugsgebiet   gegenübergestellt.   Hierbei   ergeben   sich   trotz   sehr   ähnlicher atmogener Deposition vor allem hinsichtlich der S- und N-Umsätze deutliche Unterschiede zwischen den Untersuchungsstandorten. Bei ähnlich niedrigem S-Eintrag wird in SCHLUCHSEE die doppelte Menge ausgetragen, während in VILLINGEN der Austrag dem Eintrag entspricht. Die N-Deposition wird in VILLINGEN nahezu vollständig im Einzugsgebiet zurückgehalten, während in SCHLUCHSEE N-Eintrag und -Austrag ähnlich hoch sind. Unterschiedliche Retentions- und Mobilisationsprozesse entlang der unterschiedlichen Fließwege in den beiden Gebieten führen zu einer deutlichen Differenzierung des Stoffaustrags.

Der Vergleich mit Eintrag-Austrag-Bilanzen anderer Gebiete verdeutlicht die Spannweite der naturräumlichen Variation von Stoffumsetzungen in Einzugsgebieten. Zur Abschätzung von Auswirkungen veränderter Stoffeinträge auf die Hydro- und Pedosphäre sollten daher umfassende deterministische Modelle eingesetzt werden.